Vor 10 Jahren hatte ich nie den Plan, ein Unternehmen mit vielen Mitarbeitern aufzubauen. In den letzten Jahren hat sich dies aber einfach ergeben. Zum Glück für mich bin ich Mitglied von guten Unternehmens-Netzwerken. So wusste ich weit davor, dass wir bald einen entscheidenden Wendepunkt erreichen werden: Die 10-Mitarbeiter-Grenze.
Warum ist diese Zehn-Mann-Grenze so wichtig? In Deutschland stellt sie einen Wendepunkt dar, ab dem bestimmte gesetzliche Regelungen, wie das Kündigungsschutzgesetz, in Kraft treten. Diese Grenze war entscheidend für uns, da sie direkte Auswirkungen auf unsere Personalpolitik und -kosten hatte.
Bevor wir diese deswegen erreichen sollten, wollte ich wissen, was passiert danach wirklich? Ich sprach deshalb in den letzten 2 Jahren viel mit Unternehmern, welche die Grenze bereits überschritten hatten und auch denjenigen, welche danach ihr Unternehmen wieder zurückbauen mussten. Danke noch mal für die tollen Gespräche.
Für die Berechnung habe ich von Anwälten eine einfache Methode erhalten, die auch so verwendet wird, um herauszufinden, ob der Schwellenwert bei einer Kündigungsschutzklage erreicht wurde. Diese ist:
Wöchentliche Arbeitsstunden – Zählwert
kleiner 20 Stunden = 0,5
kleiner 30 Stunden = 0,75
größer 30 Stunden = 1
Die Methode ermöglichte es uns, schnell zu ermitteln, wann wir die Grenze von zehn Mitarbeitern überschritten hätten. Denn mit der Zahl ergaben sich weitere Konsequenzen. Ich liste diese mal nur als stichpunktartige Gedanken auf:
- Wir berechnen die voraussichtliche Abfindungssumme automatisch, sodass wir wissen, welche Summe vorhanden sein müsste, wenn das schlimmste Ereignis eintreten sollte: Ein starker Abbau von Stellen oder die Auflösung des Unternehmens.
- Die Abfindungssumme ist zudem nicht Bestandteil der liquiden Mittel, sondern eher eine stille Reserve.
- Den Einstellungsprozess bei neuen Mitarbeitern habe ich komplett überarbeitet. Der Druck auf neue Mitarbeiter, innerhalb der Probezeit ihr wahres Können zu zeigen, ist durch diese Grenze gestiegen. Vorher hatten wir uns mehr Zeit gelassen.
- Wir haben bei einigen Mitarbeitern befristete Verträge eingeführt, dann wenn sie menschlich zum Team passten, aber wir bezüglich der Qualifikation nicht sicher waren. Dies erzeugt ebenfalls mehr Druck gegenüber den Mitarbeitern, ist aber aktuell nicht anders besser zu handhaben.
- Ich habe mich in den letzten Jahren viel mit weiteren Regeln beschäftigt, die ab einer bestimmten Unternehmensgröße eintreten würde. Wir haben dadurch klar für uns entschieden, wohin die Reise gehen soll.
Ich habe mich aber in den letzten Jahren auch oft gefragt: Warum muss ich, als Unternehmer bei einer so kleinen Größe bereits über solche Dinge nachdenken? Hier sehe ich einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber Ländern, in denen solche Überlegungen nicht notwendig sind. Es fühlt sich manchmal so an, als ob ich durch diese Regelungen in meiner unternehmerischen Freiheit eingeschränkt werde. Statt mich darauf zu konzentrieren, wie ich mein Unternehmen weiter skalieren kann, mache ich mir Gedanken über die Konsequenzen dieser Vorschriften.
Interessanterweise sind wir durch diese Regelungen auch effizienter geworden. Wir haben unsere Zahlen besser im Griff. Aber gleichzeitig hat es uns auch daran gehindert, neue Arbeitsplätze zu schaffen. In der aktuellen Fachkräftesituation in Deutschland ist dies vielleicht kein großer Nachteil, aber bei mir warf dies immer wieder die Frage auf: Kann ich mein Unternehmen weiter wachsen lassen, ohne meine unternehmerische Freiheit zu verlieren?
Der erste Impuls könnte jetzt sein, auf die deutsche Regierung schimpfen, aber das sehe ich nicht so. Im internationalen Vergleich gibt es Länder mit noch schlechteren Regelungen. Hier lohnt sich immer auch mal ein Blick über den Tellerrand. Es ist eben nicht alles schlechter als anderswo.
Trotzdem denke ich in meiner Rolle, wie wahrscheinlich jeder Unternehmer, oft über die Auswirkungen von Gesetzen und Vorschriften auf das Unternehmertum und insbesondere den Mittelstand nach. Die aktuelle Zehn-Mitarbeiter-Grenze sehe ich aus meiner Sicht zu restriktiv. Sie schränkt das Wachstum kleiner Unternehmen ein und hemmt die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Mein Wunsch an die Politik wäre, diese Grenze zu erhöhen, ähnlich wie es vor einigen Jahrzehnten von fünf auf zehn Mitarbeiter geschehen ist. Eine Anhebung auf beispielsweise 100 Mitarbeiter würde Start-ups und kleinen Unternehmen ermöglichen, schneller zu wachsen und sich zu entwickeln, ohne von Anfang an durch zu viele komplexe Vorschriften belastet zu werden.
Zudem denke ich, dass eine solche Maßnahme den Unternehmergeist beleben und dazu beitragen könnte, Deutschland als einen attraktiven und dynamischen Standort für Unternehmensgründungen und -wachstum weiter zu etablieren.
Wie siehst du dies? Schreibe deine Meinung dazu gerne in die Kommentare.

