Als wir vor 10 Jahren das Unternehmen gegründet haben, hatten wir nicht den Plan über 10 Mitarbeiter zu wachsen. In der Zwischenzeit gehört dieser Plan der Vergangenheit an und damit kamen auch neue Herausforderungen auf uns zu. Eine dieser war, dass wir uns mit dem Thema “Kündigungsschutzgesetz” beschäftigten mussten.
Welche Fragen ich mir stellte
Ich habe mich zu diesem Thema mit mehreren Unternehmern unterhalten, welche bereits über dieser Schwelle waren. Da ich ein Freund von Daten bin, erstellte ich daraufhin ein Datenblatt mit den wichtigsten Werten, die da wären:
- Zählt der Mitarbeiter als eine 100% Vollzeitstelle, laut der offiziellen Berechnung?
- Wann ist die Schwelle der 10 Mitarbeiter erreicht?
- Wie hoch ist die Summe einer möglichen Abfindung auf Basis der Beschäftigungsjahre, um eine Klage zu vermeiden?
Wie ich die Anzahl der Mitarbeiter berechne
Für die Zählung, ab wann ein Mitarbeiter als 100% Vollzeitstelle zählt, gibt es folgende offizielle Werte:
| Wöchentlichen Arbeitsstunden | Zählwert |
| kleiner/gleich 20 | 0,5 |
| kleiner/gleich 30 | 0,75 |
| größer 30 | 1 |
Diese Werte packten wir in eine Google Tabelle und ließen uns damit ausrechnen, ob wir bereits über die Schwelle der 10 Mitarbeiter kommen oder wann wir diese erreichen würden.
Ich benutzte dafür eine Formel, die ich mir von ChatGPT erstellen ließ. Diese Formel prüft die Anzahl der Wochenstunden und gibt anschließend einen Zahlenwert aus, der 0,5; 0,75 oder 1 ist. Diese Werte summiere ich in einer eigenen Zelle und sehe damit auf einen Blick, ob der Wert von 10 überschritten wird, auch wenn sich die Wochenstunden der Mitarbeiter ändern.
Wie ich das Kostenrisiko ermittel
Als Nächstes wollte ich wissen, wie hoch die Summe einer möglichen Abfindung ist, wenn wir den Wert von 10 überschreiten. Ich erhielt die Auskunft, dass die Abfindungssumme von Anwälten mit dem Faktor 1,1 auf Basis des Monatsgehalts und der Tätigkeitsjahre berechnet wird, sollte es zu einer Kündigungsschutzklage kommen.
Ich brauchte somit die Anzahl der Tätigkeitsjahre in der Tabelle, welche sich automatisch aus dem Eintrittsdatum des Mitarbeiters berechnen sollte. Auch hier half mir ChatGPT, schnell die passende Formel zu finden.
Diese prüft das Eintrittsdatum und rechnet anschließend die Anzahl der Jahre aus, welche bis dahin vergangen sind. Als Ausgabe erhalte ich eine Zahl zwischen 0 und X als ganzen Zahlenwert.
Diese Zahl muss ich anschließend nur noch mit dem Gehalt und dem Faktor 1,1 multiplizieren. Damit habe ich die Summe einer möglichen Abfindungszahlung im Blick.
Das Ganze sieht als Beispiel, wie folgt aus:
| Name | h/wtl. | MA > 10? | Stundensatz | Gehalt | Eingestellt zum | Anzahl Tätigkeitsjahre | Kostenrisiko |
| Max Muster | 30 | 0,75 | 20.00 € | 2.600 € | 01.09.2021 | 2 | 5.720 € |
In den Zellen sind die folgenden Formeln hinterlegt:
| MA > 10? | =IFS(B2>30;1;B2>20;0,75;B2<20,001;0,5) |
| Gehalt | =(B2*13/3)*D2 |
| Anzahl Tätigkeitsjahre | =IF(F2<=TODAY();DATEDIF(F2;TODAY();“Y“);0) |
| Kostenrisiko | =E2*G2*1,1 |
Was für Entscheidungen wir anhand der Daten getroffen haben
Seitdem wir uns mit diesen Kennzahlen beschäftigten, hat sich viel geändert. Die wichtigsten Punkte sind dabei, im Nachhinein betrachtet, folgende:
- Zum einen kalkulieren wir dieses Risiko mit ein, für den Fall, dass wir irgendwann in eine Situation geraden, in der wir massiv Personal abbauen müssen.
- Des Weiteren half die Summe uns dabei, Mitarbeiter auf einem neuen Level zu bewerten. Wir schauten genauer auf das Mindset und die erbrachten Leistungen.
- Zudem definierten wir Werte im Unternehmen, welche wir zukünftig leben wollen und fragen diese in der Zwischenzeit regelmäßig ab.
- Und wir überarbeiteten unseren Bewerbungsworkflow, um Bewerber besser herauszufiltern, die zu uns passen.
Mein Fazit:
Das wichtigste Learning der letzten Jahre war jedoch für mich, die Frage zu beantworten: Wie groß soll das Unternehmen werden? Hierzu unterhielt ich mich mit vielen Unternehmern in verschiedenen Unternehmensgrößen. Für mich habe ich in der Zwischenzeit klar diese Größe gefunden, dank auch dieser Daten und was passiert, wenn man eine Mitarbeitergröße überschreitet.
Ich verstehe unterdessen auch viel besser, warum bestimmte Entscheidungen von Unternehmern so getroffen werden, wie sie getroffen wurden, weiß, warum manche Unternehmen zu schnell wachsen und welche Kenndaten dabei unbeachtet bleiben, aber vor allem verstehe ich immer besser, warum wir in Deutschland so wenig unternehmerische Initiative sehen.
Die Regeln, mit denen man sich bereits in einer kleinen Unternehmensgröße beschäftigen muss, sind so umfangreich, dass man ausgezeichnet organisiert sein muss, um das Unternehmen auch noch gewinnbringend zu führen. Hier wünsche ich mir von der Politik ein Abbau dieser Grenzen für Kleinst- und Kleinunternehmen, einfach, indem die Grenzen, ab wann, was gilt nach oben verschoben werden.

